Welt-Aids-Tag 2012

schleife logo wat 234x60 - Welt-Aids-Tag 2012Positiv zusammen leben – so lautet auch in diesem Jahr wieder das Motto des Welt-Aids-Tags. Schicke Plakate der Gemeinschaftskampagne von Gesundheitsministerium und BZgA, durchgeführt mit Deutscher AIDS-Hilfe und Deutscher AIDS-Stiftung – btw. hier wird Aids noch groß geschrieben – outen mutige Männer und Frauen an jeder Bushaltestelle. „Ich habe HIV…“ steht darauf, und dann geht es um den Respekt von Freundinnen und Freunden, von Kolleginnen und Kollegen, in der Familie. Man möchte allen HIV-Positiven wünschen, dass sie so offen mit ihrer Infektion umgehen können und nicht befürchten müssten, von ihrem Umfeld diskriminiert zu werden.

Die Kampagne zeigt, wie weit wir mittlerweile gekommen sind: HIV-Positive unter wirksamer Therapie müssen keine Angst mehr haben, eine_n Partner_in beim Sex anzustecken, sie können gesunde Kinder zeugen und zur Welt bringen, sie haben mittlerweile eine recht hohe Lebenserwartung. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Infektion frühzeitig erkannt und nicht zu spät mit der Therapie begonnen wird. Und dass auch eine Reihe psychosozialer Faktoren stimmen. Will heißen, wenn’s gut läuft, muss HIV kein großes Problem mehr sein. Dafür gibt es aber keine Garantie. Und selbst wenn HIV unter Umständen kein „großes Problem“ mehr ist, so bleibt es trotzdem ein Problem: regelmäßige Arztbesuche und Checks, lebenslange Medikamenteneinnahme, die nicht immer angenehm ist, früheres Auftreten typischer Alterserkrankungen (Krebs, Herz-Kreislauf). Und wer garantiert dafür, dass das Umfeld ganz aufgeschlossen reagiert? Es wird mindestens noch sehr lange dauern, bis wir ein Plakat an der Haltestelle sehen, auf dem steht „Ich habe HIV und es ist mir egal“.

Nein, es geht mir hier nicht darum, irgendetwas schlecht zu reden. Allerdings machen mir zwei Nachrichten in den Zeitungen dieser Tage Sorgen. Die eine betrifft die alljährlich zum Welt-Aids-Tag vom RKI veröffentlichten (geschätzten) aktuellen Zahlen zum Infektionsgeschehen. Aus ihnen geht hervor, dass der Anstieg der Neuinfektionen vor allem schwule Männer/MSM, und in dieser Gruppe besonders diejenigen unter 30, und die neuen Bundesländer betrifft. Hallo liebe Leserschaft!

Eine zweite Nachricht kommt aus Sachsen-Anhalt. Dort plant das Innenministerium (Stahlknecht heißt der Innenminister) die Einführung eines Zwangstests auf HIV. Auch wenn alles halb so dramatisch zu sein scheint, wie die Presse verkündet (so sieht es zumindest Herrn Stahlknechts PR-Abteilung), so kann die zwangsweise Testung von Risikogruppen historisch sensible Leser_innen kurz zusammenzucken lassen. Trotzdem amüsiert mich die Vorstellung, wie Polizist_innen bei Gefahr im Verzug versuchen abzuschätzen, ob ein gerade verhörter Verdächtiger der Risikogruppe der Homosexuellen angehört. Was für Kriterien mag die entsprechende Dienstanweisung hergeben?

Dann doch lieber ein Plakat, auf dem steht „Ich bin positiv… und entscheide selbst, wer es wissen darf.“ Oder ganz einfach: Jede_r entscheidet für sich, wann er/sie/es den Test machen will!

Was wir derweil machen können? Aufklärung anbieten und euch die Vorteile aufzeigen, die ein regelmäßiger Check auf HIV und andere STIs bringt. Und natürlich Safer Sex propagieren. Und nun, ihr schwulen Jungs und Männer und andere Männer mit männlichen Sexkontakten, die ihr alle unter 30 seid und in den neuen Bundesländern lebt: rein statistisch gesehen scheint ihr eine Risikogruppe zu sein. Aber das Risiko ist immer nur so hoch, wie jeder einzelne von euch es zulässt! Und falls ihr mal doch das Kondom vergessen habt, verschließt davor nicht die Augen, sondern überlegt, woran es gelegen haben könnte. Positiv zusammen leben – mit oder ohne HIV – kann funktionieren, wenn jeder für sich und andere Verantwortung übernimmt.